EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Geerdet

Das Wetter mag ja bescheiden sein, aber für die Gartenarbeit reicht es immer noch. Naja, etwas überwinden muss ich mich ja schon, wenn die letzten Regentropfen noch auf den Blättern stehen und das Thermometer deutlich unter 20 Grad bleibt.

Marianne Funda ist Pfarrerin im Frauenreferat der Evangelischen Kirchenkreise Hattingen-Witten und Schwelm

 

 

Aber wenn ich einmal angefangen habe, will ich so schnell nicht mehr aufhören. Dann vergesse ich alles um mich herum und gehe ganz auf in dem, was ich tue. Egal, ob ich pflanze oder jäte, ob ich gieße oder beschneide, ich fühle mich gut, werde ruhiger und manchmal stellen sich Glücksgefühle ein. Wenn es dann auf den Abend zugeht und die Amsel anfängt zu singen, kann ich den Frieden, der mich umgibt, nahezu mit Händen greifen. Und ich genieße es, dass diese Hände bei der Arbeit sind.

Ich weiß, ich bin nicht die einzige, die so empfindet. Was ist das für ein Zauber, der von der Gartenarbeit ausgeht?  Was gefällt mir daran?

Ich glaube, es hat viel mit dem direkten Kontakt zu den Pflanzen und zur Erde zu tun. Wenn es nicht unbedingt sein muss, arbeite ich ohne Handschuhe. Ich nehme es in Kauf, dass ich hinterher die Hände schrubben und cremen muss. Wenn ich nicht auf der Haut spüre, was ich tue, fehlt etwas. "Aus Erde bist du gemacht, zur Erde wirst du wieder". Elementarer kann ich Leben nicht erfassen und begreifen. Dieser uralte Stoff, aus dem alles hervorgeht: ohne Erde könnte keine Pflanze leben und damit kein Tier und kein Mensch. Und zugleich entsteht sie selber aus dem, was einmal gelebt hat.  

Es ist kein Zufall, dass eine der ältesten Göttinnen der griechischen Mythologie Gaia, "Erde", heißt, und dass sie als Mutter allen Lebens verehrt wurde. Und dass in der biblischen Schöpfungsgeschichte Gott den Menschen mit seinen Händen aus Erde formt. In diese Vorstellungen und Geschichten ist das elementare Wissen der Menschen eingeflossen, dass alles Leben auf der Erde mit der Erde eng verwoben ist. Vielleicht spüre ich ja wirklich noch etwas von dieser ursprünglichen Verwandtschaft zwischen Mensch und Erde. Vielleicht ist das der Grund, dass ich das Wachsen und Werden im Garten nicht nur anschauen möchte, sondern auch erfühlen und begreifen will.

Menschen, die geerdet sind und mit beiden Beinen auf der Erde stehen, gelten als freundliche Zeitgenossen, als Realisten mit einem Gespür für ein gutes Leben. Wenn ich mit meinen Händen in der Erde wühle, erlebe ich ein Stück von diesem guten Leben. Dann bin ich gut geerdet, dann weiß ich, was meine Grundlage ist. Dann weiß ich auch, dass bei allem Verwurzelt sein in der Erde, der Atem Gottes nicht fehlen darf. Dieser Atem belebt und beseelt mich, lässt mich manchmal abheben, schenkt mir Inspiration und Weitblick. Beides brauche ich, den Bodenkontakt und den frischen Wind um die Nase. Und beides wird mir geschenkt, draußen im Garten bei der Arbeit.

Ich danke dir Gott, dass wir so wunderbar gemacht sind und dass wir eingebettet sind in Deine wunderbare Schöpfung. Und das bei jedem Wetter!

Seien Sie gut behütet - Ihre Marianne Funda