EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Monatsspruch Mai

"Ich will nicht nur im Geist beten, sondern auch mit dem Verstand"

(nach 1Kor 14,15)

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

sprechen Sie eigentlich die "Sprache Kanaans"? Nein? Oh, da haben Sie jetzt aber Pech gehabt, denn ohne entsprechende Kenntnisse kommen Sie in manchen christlichen Kreisen nicht besonders weit. Da wird nämlich ein Jargon gesprochen, der für Außenstehende gelegentlich ziemlich unverständlich ist. Mit der normalen Alltagssprache hat das ganze jedenfalls kaum noch etwas zu tun, denn Satzbau und Vokabular orientieren sich stark an den geprägten Formulierungen von traditionellen Bibelübersetzungen und alten Kirchenliedern.

 

Pfr. Markus Scheuer

 

Dass sich im Laufe der Zeit auch bei uns Christen ein besonderer "Gruppenjargon" entwickelt hat, ist ja eigentlich nicht weiter verwunderlich. Wir Christen deuten unsere Wirklichkeit schließlich anders als andere Menschen, weil wir gewissermaßen hinter der Wirklichkeit immer auch mit dem Wirken Gottes rechnen. Dementsprechend machen Christen auch andere Erfahrungen als Nicht-Christen, und wenn man über diese Erfahrungen sprechen will, dann muss das ganze ja irgendwie formuliert werden. Tja, und da ist es wohl ganz normal, wenn Christen sich an den vertrauten, geprägten Sprachmustern orientieren, weil darin eben bereits eine besondere Wirklichkeitserfahrung zum Ausdruck kommt, die dem eigenen Erleben vielleicht ganz ähnlich ist.

 

Für Nicht-Eingeweihte bleibt das Reden in den christlichen Kreisen dann aber leider unverständlich. Und böswillige Menschen könnten gar vermuten, dass einige geprägte Formulierungen lediglich leere Floskeln sind, die eigentlich kein Mensch wirklich versteht.

 

Ich glaube, im Prinzip ist das Problem nicht neu.

Schon der Apostel Paulus musste sich in den Korintherbriefen mit Gruppen auseinandersetzen, deren Frömmigkeit für Außenstehende unverständlich war. Damals nämlich feierte man in Korinth wohl ekstatische Gottesdienste und interpretierte spontane, geistliche Gefühlsausbrüche als unmittelbare Äußerungen des Heiligen Geistes. Paulus gibt demgegenüber zu bedenken: "Ich will nicht nur im Geist beten, sondern auch im Verstand." (1Kor 14,15). Auf gut Deutsch heißt das: Paulus plädiert für die Verständlichkeit des religiösen Lebens!

 

Heute haben wir in unseren Gemeinden sicher ganz andere Probleme als die Gemeinde damals in Korinth. Ja, selbst wenn man sich vielleicht keine ekstatischen Gottesdienste vorstellen mag ... Ein wenig mehr Spontaneität und Gefühl würde meines Erachtens unseren Gottesdiensten sogar ganz gut tun. Was wir aber mit den Korinthern gemeinsam haben ist dies: Auch unser religiöses Leben neigt oft zur Unverständlichkeit.

 

Die Mahnung des Paulus könnte man dementsprechend für uns heute so verstehen:

 

Liebe Christinnen und Christen im Kirchenkreis Schwelm,

die althergebrachte Sprache, die Euch so vertraut ist und die Euch so viel Sicherheit und Halt gibt, darf nicht zu frommen Floskeln verkommen.

Ja, es ist richtig: Nicht alles, was Euch so tief bewegt, mag für einen Außenstehenden rational ergründbar sein.

Und Ja: Vieles bleibt der "Weisheit der Welt" (1Kor 1,18) vielleicht unerklärlich, aber ihr müsst in Eurem Reden zumindest so verständlich sein, dass ihr Menschen nicht abschreckt, sondern einladet, selbst das Wirken Gottes in dieser Wirklichkeit zu entdecken.

Außerdem: Euer Alltag und die Gemeinde, das gehört doch zusammen. Das sind nicht zwei verschiedene Lebensbereiche in denen man dann auch unterschiedliche Sprachen sprechen kann. Also, seit so gut und achtet ein wenig auf Eure Sprache.

 

Pfr. Markus Scheuer,

Evangelische Kirchengemeinde Schwelm