EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Älter werden

"Plötzlich flog ein düsterer Schatten über Thomas' Gesicht. "Ich will niemals groß werden", sagte er entschieden. "Ich auch nicht", sagte Annika. "Nein, darum muss man sich wirklich nicht reißen", sagte Pippi. "Große Menschen haben niemals etwas Lustiges. Sie haben nur einen Haufen langweiliger Arbeit und komische Kleider und Hühneraugen und Kuminalsteuern."

"Kommunalsteuern heißt das", sagte Annika. "Ja, es bleibt jedenfalls der gleiche Unsinn", sagte Pippi. "Und dann sind sie voll Aberglauben und Verrücktheiten. Sie glauben, es passiert ein großes Unglück, wenn sie beim Essen das Messer in den Mund stecken, und all solch dummes Zeug." "Und spielen können sie auch nicht", sagte Annika. "Uch, dass man unbedingt groß werden muss!"

"Wer hat gesagt, dass man es werden muss?" fragte Pippi. "Wenn ich mich nicht irre, habe ich irgendwo ein paar Pillen."..."(Aus:Pippi in Taka-Tuka-Land, Hamburg 1986, 167-168.)

 

Sie haben unsere Helden sicherlich erkannt: Pippi Langstrumpf, Thomas und Annika. Sie wollten niemals groß werden. Können Sie das nachvollziehen? Ich ja. Aber es hat nichts genutzt und ich bin doch groß geworden. Schließlich hatte ich keine Pillen wie Pippi Langstrumpf. Und wenn ich jetzt drüber nachdenke, bin ich doch froh, dass ich nicht immer klein geblieben bin, weil ich für vieles dankbar bin, das ich als Erwachsene erleben konnte.

Frauke Wienecke ist Vikarin in der Ev. Kirchengemeinde Schwelm

 

Die Frauen und Männer, die diesen Mittwoch bei uns in Schwelm auf der Altenfeier waren, haben offensichtlich auch nicht von Pippis Pillen gekostet. Viele waren im Laufe ihres Lebens ergraut und können nun auf viele gelebte Jahre zurückschauen. Ich musste daran denken, dass auch Freundinnen und Freunde Gottes ein biblisches Alter erreicht haben. Sarah zum Beispiel und Abraham oder der sprichwörtlich gewordene Methusalem. Ihr Alter ist ein Sinnbild von Erfüllung. Es zeigt sich: Gott segnet das ganze Leben der Menschen, vom Windelalter bis zum Greisenalter. Er begleitet durch Höhen und Tiefen.

Führen Sie sich vor Augen, wie viele Dinge in dem Leben eines Erwachsenen passieren und an wie vielen Stellen Gott durch schwierige Momente geholfen hat.

Die Frauen und Männer auf unserer Altenfeier haben jede und jeder viel erlebt und durchlebt. Es war wahrscheinlich nicht alles schön. Manche Last ist schwer zu tragen. Aber dennoch ist es gut, ein ganzes Leben zu leben und auszuschöpfen. Als Erwachsene können wir Verantwortung übernehmen, können aus den Erfolgen und Fehlern lernen, die uns passiert sind.

Wenn das Erwachsenenleben ausschließlich so wäre, wie Pippi sich das vorstellt, ernst, ohne Spaß, mit eigenartiger Kleidung und vielen Pflichten, dann wäre das ziemlich traurig und auch langweilig.

Tatsächlich kann es manchmal sein, dass vor Sorgen und Verantwortung die Leichtigkeit und Freude, ja dass sogar der Glauben aus dem Blick gerät.

Jesus hat das gesehen, als er die Kinder zu sich gerufen hat. Denn dem ganzen Ernst der Erwachsenenwelt setzt er die Selbstverständlichkeit entgegen, mit der Kinder glauben können.

"Wahrlich ich sage Euch, wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen." (Mk 10,15)

Wir können nicht ewig klein bleiben, wie Pippi sich das gewünscht hat. Gott hat gerade auch das Erwachsensein gesegnet. Aber zum Leben gehören beides, die erwachsene Lebensweisheit und die kindliche Freude. Deshalb legt Jesus uns ans Herz, dass wir uns auch als Erwachsene ein wenig Kindsein bewahren. Ein wenig von der spielerischen und manchmal so hellsichtigen Weltsicht von Pippi Langstrumpf, damit wir den Spaß am Leben und am Glauben nicht verlieren.

 

Ihre

Frauke Wienecke