EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Tod und Ewigkeit

Wir haben "Ewigkeitssonntag" oder "Toten-"Sonntag gefeiert. Was feiern wir da eigentlich?

Dirk Küsgen ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg

  

Die meisten haben doch den Glauben an die Ewigkeit verloren und sich gedanklich auf ihre irdische Lebenszeit beschränkt. Das aber wirkt ins Leben zurück: Wir holen aus unserer knappen Lebenszeit heraus, so viel wir können. Die Resultate sind: G 8 für Jugendliche, Verdichtung der Schulzeit um ein Jahr. Bei den Erwachsenen wurde die an sich schon unmenschliche Akkordarbeit noch vom Multi-Tasking getoppt. Wer zwei Jobs gleichzeitig erledigt, erzielt in einer 38,5-Stundenwoche 77 Produktions-Stunden. Und dann geht es in der Freizeit, weil das himmlische Paradies verschlossen ist, schon heute in Einkaufs- und Urlaubs-Paradiese bis der letzte Vorhang fällt. Ist das alles? Vielleicht hat man Ihnen Ihre Bibel und das Leben einfach nur falsch ausgelegt. Lesen Sie bitte noch einmal neu mit mir!

  

Haben Sie gehört, dass Gott uns nach dem Sündenfall mit dem Tod strafte? Wir lesen nach und entdecken: Der erste Tod in der Bibel kam gar nicht von Gott, sondern vom Menschen. Kain hat Abel getötet (1. Mose 4). Gottes Wort straft hier also weniger, als dass es die Zukunft voraussagt.

  

Hörten Sie weiter: Gott hat die Menschen gestraft, im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot zu essen und unter Schmerzen Kinder zu gebären? Ja, so steht es in der Bibel (1. Mose 3,16+19). Aber auch diese Worte beschreiben eher die Realität als eine Strafe. Sind Brot zu verdienen und für Nachwuchs zu sorgen nicht genau die beiden Mittel, mit denen wir Menschen uns jenseits von Eden selbst das Leben zu erhalten versuchen? Am Ende des Überlebenskampfes steht trotzdem immer der individuelle Tod. Zum Glück ist die Geschichte damit nicht zu Ende, denn die Bibel erzählt nicht nur vom ersten Tod, sondern auch vom letzten Tod. Auch der kam vom Menschen und nicht von Gott. Menschen haben Jesus hingerichtet, wie Kain einst Abel ermordet hatte. Gott aber konterte mit der Auferstehung. Sie fragen: Wieso war das schon der "letzte Tod"? Sterben wir nicht immer noch? Das ist leider wahr, aber es hat sich doch etwas geändert. Wir sterben nicht mehr in den ewigen Tod, sondern in das ewige Leben hinein. Jesus war maximal 39 Stunden tot, vom Karfreitagnachmittag bis zum frühen Ostermorgen. Der Tod aber "starb" für immer.

  

Sagen Sie jetzt: Das können Sie sich nicht vorstellen? Ich hingegen kann mir die Entstehung eines kompletten Menschen aus zwei winzigen Zellen schwerer vorzustellen als die Auferweckung eines gerade noch dagewesenen Lebens. Weil das für mich größere Wunder im Mutterleib achtmilliardenfach empirisch nachgewiesen ist, fällt es mir leicht, an das für mich anschaulichere Wunder der Auferstehung zu glauben. Aber da ich bezweifle, dass der Allmächtige sein Handeln von unserer Vorstellungskraft abhängig macht, drehe ich den Spieß um: Sollte man einem Gott, dem man sogar die Schöpfung  aus dem Nichts zutraute, die Auferstehung nicht auch noch zutrauen? Sie kommt ja nicht aus dem Nichts.

     

Zuletzt malt die Bibel noch eine Erlösungs-Vision: Die römische Diktatur versinkt als Ungeheuer im Meer. Mir schwebt für unsere Zeit eine andere Erlösungs-Vision vor: Die den Menschen aufzehrenden Monster der Zeitnot werden im Meer versinken. Es sind Tyrannen wie G 8, Akkord, Multi-Tasking. Sie sind entmachtet, weil der Tod, der alle Zeit begrenzt,  ausgedient hat. Wir dürfen leben. Wir werden eine Ewigkeit Zeit haben. Dass das so kommt, werden wir erleben oder auch nicht, je nachdem, ob wir Gläubigen Recht behalten oder unsere Kritiker. Im Glauben aber feiern wir jetzt schon Ewigkeits-Sonntag. Zu Recht? Wer regiert unser Leben? Der Tod, die Zeitnot, oder der Gott des ewigen Lebens?  

Ihr Pastor Dirk Küsgen