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Gott ist nicht nett

Vor einiger Zeit flatterten mir die neusten Herbstkataloge für theologische und religiöse Bücher ins Haus. Ins Auge fiel mir dort das Buch „Gott ist nicht nett. Ein Priester fragt nach seinem Glauben“ von Pater Dr. Heiner Wilmer, Provinzial der Deutschen Provinz der Herz-Jesu-Priester.

Elena Kersten in Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Schwelm

  

 

Ich sage ihnen direkt, dass ich das Buch nicht gelesen habe und ihnen auch sonst wenig zu diesem Buch sagen kann. Dies wird also keine Buchempfehlung und ebenso keine Ablehnung. Allerdings ist mir selten allein der Titel eines Buches so nach gegangen. Gott ist nicht nett. Wie gesagt, ich weiß nicht welche Gedanken sich Pater Wilmer dazu gemacht hat, vielleicht sind sie ähnlich. Ich selbst kann nach längerem Nachdenken nur sagen, ja genau, Gott ist nicht nett. Gott sei Dank!

  

Das Wörtchen nett ist häufig gar nicht so nett besetzt. Nein, viel mehr umgangssprachlich die kleine Schwester von… na, Sie wissen schon. Oder klassischer, der Abend war ganz nett, wir haben nette Nachbarn, das Kleid sieht nett aus… Alles keine schlimmen Aussagen, aber auch nichts Besonderes. Nett sein bedeutet harmlos sein, unauffällig, unverbindlich ohne Reibungspunkte, angenehm aber nicht wichtig. Oft bezeichnen wir Menschen als nett, die höflich und freundlich sind, aber keine Erinnerung hinterlassen. Bei denen es nicht auffällt, dass sie fehlen und manchmal noch nicht einmal, dass sie da sind. Menschen, die uns fremd sind, die wir nicht mögen, sind natürlich für uns nicht nett, doch Menschen die uns prägen, die uns ganz nah sind, die wir lieben, sind es ebenso wenig. Wie auch, nett sein ist angenehm, aber berührt weder unsere Herzen noch unseren Verstand. Nett sein ist belanglos sein.

  

Ich möchte keinen harmlosen oder unauffälligen Gott, keinen unverbindlichen und gefälligen Gott, ich will keinen belanglosen, keinen artigen, keinen netten Gott.

Ich möchte einen Gott, der sich empört über das Elend seiner Welt, der mit sein Geschöpfen leidet und weint, der zornig wird über die menschlichen Untaten, ja ein Gott der ausrastet, wenn er sieht wie sich Menschen angeblich wegen ihm die Köpfe einschlagen. Ich will einen Gott der eigensinnig ist, unangepasst und aufsässig, einen Gott der um mich, um uns, um seine Welt kämpft mit seiner Liebe. Und das funktioniert nicht nett. Oder waren Tod und Sterben Jesu eine nette Sache?

  

Da kam, kommt und wird viel auf uns zu kommen. Verantwortung, Verpflichtung und eben ganz viel Liebe, die so übermenschlich groß ist, dass wir Menschen sie nicht fassen können und ihr ehrfürchtig und mit leeren Händen gegenüberstehen. Nein, nicht nett. Verantwortung, die uns bei unserer geschöpflichen Menschlichkeit packt, die unserer Nase in die Ungerechtigkeit der Welt stößt, von der auch wir ein Teil sind, Nein, nicht nett. Verpflichtung unseren Nächsten gegenüber, unabhängig von gefallen oder nicht gefallen, gegenüber Gottes Erde, unabhängig von Profit und finanziellem Gewinn, gegenüber Gott selbst in Demut. Nein, nicht nett. Überwältigend und großartig, schrecklich und herrlich und alles andere als harmlos.

  

Im ersten Kontakt kann Gott nett sein, aber je mehr wir ihn in unserer Leben lassen desto weniger ist er es. Nicht weil er ein böser oder boshafter Gott ist, sondern weil er Antwort erwartet, eine Antwort von uns auf seine Liebe, eine Antwort des Glaubens und ein Leben des Hoffens. Ja, unser Gott ist nicht harmlos und belanglos und vor allem nicht nett. Gott sei Dank!

  

Mit liebem Gruß,

Ihre Pfarrerin Elena Kersten