EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Ich habe keine Angst im Dunkeln…

Vor einiger Zeit hatten wir mit unseren Kindern eine Diskussion über die nächtliche Angst im Dunklen des jüngsten Familienmitgliedes. Langsam fanden wir es etwas anstrengend abends immer die Festbeleuchtung installieren zu müssen und versuchten herauszufinden vor was er sich den wohl fürchte, ob es vielleicht das Alleinsein sei? Da mischte sein ältere Bruder ein: „Also ich habe kein Angst allein im Dunklen… ich befürchte nur immer, dass ich nicht allein bin.“ Außer, dass er damit sehr treffend die eigentliche Angst beschrieb und uns alle sehr zum Lachen brachte, gab er damit auch eine sehr treffende Beschreibung davon, wie leicht wir an Dinge glauben können, die wir nicht sehen. Erwachsene kennen ebenfalls solche Situationen. Situationen in denen einem der Verstand sagt, dass alles normal und richtig ist, das nicht Böses auf uns wartet und trotzdem glauben wir an das Unheil hinter der nächsten Ecke, obwohl oder gerade weil wir es nicht sehen.

Elena Kersten ist Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Schwelm und Krankenhausseelsorgerin im Helios-Klinikum Schwelm

  

 

Viele Menschen die wenig für meinen Beruf, die Kirche oder Gott selbst übrig haben, sagen ganz ähnliche Dinge, nur andersherum. „Ich glaube nur an Dinge, die ich sehen kann.“ Dass auch der Sauerstoff in der Luft nicht sichtbar ist, das Atommodell nicht mit dem Auge zu überprüfen, mag dann als eine etwas spitzfindige Antwort angesehen werden, aber letztlich ist es so. Wir sind oft durchaus bereit Dinge zu glauben, weil wir sie für echt und überprüfbar halten, wie wissenschaftliche Theorien und Konstrukte, oder weil sie uns Angst machen, die finstere Gasse oder eben das düstere Zimmer. An der Gegenwart Gottes, an ihm selbst oder an dem Guten wird gern mal gezweifelt.

  

Keine guten Gefühle, aber nicht unbekannt und auch biblisch normal. Ich möchte von Thomas, dem zweifelnden Ungläubigen und Tomas den bekennenden Gläubigen erzählen. Thomas war ein Jünger Jesu und in der Geschichte, die ihm von Unglauben zum Glauben führt, ist er zunächst gar nicht dabei, ähnlich wie wir. Jesus ist gestorben, gekreuzigt und auferstanden, aber noch wissen es nicht viele und glauben tun es noch weniger. Da erscheint Jesus seinen Jünger, spricht seinen Friedensgruß, zeigt ihnen seine Wundmale und überträgt ihnen seine Sendung. Wunderbar, aber doch auch irgendwie unfassbar, unglaubbar. Jedenfalls für Thomas, der eben leider bei dieser Zusammenkunft mit dem Auferstanden nicht dabei ist, sondern irgendwo unterwegs.  Thomas kommt zu den anderen Jüngern zurück und diese versuchen sofort ihn von dem unfassbar Schönen zu überzeugen, Jesus lebt. Vielleicht wurden Sie irgendwann wütend, vielleicht war Thomas irgendwann zornig über diesen vermeintlichen Quatsch. Jedenfalls beendet er die Diskussion mit den Worten: „Erst muss ich seine von den Nägeln durchbohrten Hände sehen; ich muss meinen Finger auf die durchbohrten Stellen und meine Hand in seine durchbohrte Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.“ Verkürzt, ich glaube nur was ich sehe, was beweisbar ist.

  

Als Jesus letztlich doch dem Thomas erscheint und ihm seinen Wunsch nach Sichtbarkeit erfüllt wird Thomas zum bekennenden Gläubigen. „Mein Herr und mein Gott.“ Und doch, Jesus will anders geglaubt werden. „Jetzt, wo du mich gesehen hast, glaubst du. Glücklich zu nennen sind die, die nicht sehen und trotzdem glauben.“ Glücklich oder auch selig weil sie vertrauen können.

  

Nicht unbedingt auf die Monster der Nacht, nicht auf das Unheil hinter der nächsten Ecke, sondern auf die Treue und Liebe Gottes, auf seine Barmherzigkeit, ja und vor allem auf seine Gegenwart. Nicht zu beweisen, zu extrahieren und visuell darzustellen, aber zu glauben, weil es wahr ist. Im Dunkeln und im Hellen. Oder wie unser jüngster Sohn mittlerweile versichert, „ich habe keine Angst im Dunkeln, denn ich weiß, dass ich nicht allein bin.“

Mit liebem Gruß

Ihr

Pfarrerin Elena Kersten