EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Gottes Güte

Liebe Leserin und lieber Leser,

traditionell ist der Sonntag nach dem 29. September eines Jahres das Erntedankfest. In vielen Kirchen ist der Altarraum mit großen Broten, Obst und Gemüse geschmückt. Oft wird auch das Lied von Gottfried Tollmann gesungen: “Die Ernt ist nun zu Ende, der Segen eingebracht, woraus Gott alle Stände satt, reich und fröhlich macht. Der treue Gott lebt noch, man kann es deutlich merken an so viel Liebeswerken, drum preisen wir ihn hoch.”

 

Uwe Hasenberg ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg

  

Stimmt das? Manchen Menschen fällt es heute schwer, Gott zu preisen und zu loben. Warum eigentlich? Gott ist doch gütig. Denkt an das Vaterunser. Wie viele Menschen sprechen weltweit an einem Tag rund um die Uhr diese Bitte an Gott aus: “Unser tägliches Brot gib uns heute”? Ich weiß nicht, wie viele es sind. Ich weiß nur, dass Gott diese Bitte täglich erhört. Der Reichtum seiner Güte zeigt sich sogar darin, dass das “tägliche Brot” nicht nur eine abgepackte Tagesration ist. Gott gibt viel mehr als der einzelne Mensch zum Überleben braucht. Um so erschreckender finde ich, was mit dem Ausdruck der überschwänglichen Güte Gottes täglich geschieht. Ich habe gestern gelesen, dass in Deutschland jährlich 20 000 000 Tonnen - in Worten: zwanzig Millionen Tonnen - Lebensmittel im Müll landen. Das sind mehr als die Hälfte aller Lebensmittel in Deutschland. Der Filmregisseur Valentin Thurn hat recherchiert und kommt zu der Erkenntnis: Mit dem Essen, dass die Bürger Europas und der USA wegwerfen, könnten alle Hungernden der Welt dreimal satt werden: Dreimal! Das tägliche Brot wird in dreifacher Menge gegeben. Dafür können wir Gott doppelt, nein dreifach dankbar sein.

  

Aber Dank der Güte Gottes haben wir nun ein Problem. Denn wir müssen einsehen: Es ist nicht Gott, der schuldig ist am Hunger in der Welt durch Dürre und Klimawandel, sondern die gesättigte Mensch in der Globalisierung, der die Möglichkeiten hat, den Hunger der Ungesättigten zu lindern und es nicht tut. Statt dessen landen die Erweise der Güte Gottes im Müll. Obwohl in der Heiligen Schrift zu unserer Orientierung zu lesen ist: “Es werden allezeit Arme sein im Lande; darum gebiete ich dir und sage, daß du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist in deinem Lande.” (5. Mose 15,11).

Können so viele Menschen Gott nicht mehr danken und loben für seine Güte, weil ihnen dadurch heute auch menschliches Versagen und menschliche Schuld bewusst werden? Verstummt das Lob Gottes, weil es leichter ist, Gott für die Missstände in dieser Welt verantwortlich zu machen, als unsere Schuld zu erkennen und zu bekennen?

 

Wir haben ein Problem mit der Güte Gottes, denn er ist zu gütig und zu großzügig. Dabei wäre das ein Grund, Gott zu loben, ihm zu danken und bewusst mit den guten Gaben aus seiner Hand umzugehen.

Übrigens wüsste ich zu gerne, was Jesus seinen Jüngern geboten hat, nachdem er mit fünf Broten und zwei Fischen über 5000 Menschen gespeist hat und seine Jünger nach der Speisung 12 Körbe mit Brot einsammeln konnten. Wie sind die Jünger damals wohl mit dem Lebensmittelüberschuss umgegangen? Das wird uns leider nicht überliefert. Aber ich bin mir sicher, dass nichts davon achtlos und gedankenlos weggeworfen worden ist. Ich bin mir auch sicher, dass sie darüber  das Lob Gottes nicht vernachlässigt haben. Dem schließe ich mich gerne und preise die Güte Gottes, die allen Menschen zugute kommen soll.

 

Ihr Pastor Uwe Hasenberg.