EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Macht hoch die Tür

Liebe Leserin und lieber Leser,

 

jetzt gibt es sie wieder – die „saisonbedingten Lieder“, die wir zu Hause, im Auto oder Büro durchs Radio hören. Mal mehr, mal weniger schön wird sie besungen, die winterliche, Weihnachtszeit.

 

Und winterlich ist diese erste Adventswoche ja auf jeden Fall geworden.

 

Pastorin Birgit Hasenberg ist Predigerin im Westfälischen Gemeinschaftsverband

  

Ich gestehe gerne: ich freue mich auf diese Lieder, die ja voller Sehnsucht das besingen, was unser Leben schön und reich macht. Denn so ist es doch: wir sehnen uns danach geliebt zu werden und einander vertrauen zu können, und wir wünschen uns Zeiten der Ruhe und Muße im Kreise der Menschen, die uns wichtig sind.

Ich gestehe aber auch: noch lieber singe ich selbst in dieser Zeit Advents- und Weihnachtslieder, die davon künden, dass unsere Sehnsucht in Gottes Liebe, die in Jesus Christus in diese Welt gekommen ist, ein Ziel findet.

Ein solches Lied, das mir zu Herzen geht, ist das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.“

Der Liederdichter und Pfarrer Georg Weissel hat dieses Lied 1623 zur Einweihung der neu erbauten Altroßgärtner Kirche in Königsberg gedichtet. Damals öffneten sich am 2. Advent die Kirchentüren des neuen Gotteshauses. Weissel greift mit seinem Lied auf alttestamentliche Texte (z.B. Psalm 24 oder Sacharja 9) zurück, die für ihn klare Verheißungen auf das Kommen des Messias gewesen sind.

Ein Jahr nach der Einweihung der Kirche soll sich 1624 folgendes in Königsberg ereignet haben: An der neugebauten Kirche freuten sich besonders Bewohner des nahegelegenen Armen- und Siechenhauses, die es vorher einfach nicht mehr zum Gottesdienst in den Dom geschafft hatten. Nun hatten sie nur noch einen kurzen Fußweg und konnten endlich wieder an den Gottesdiensten teilnehmen. Allerdings gab es da auch einen

einen reichen Fisch- und Getreidehändler Sturgis, der im Stadtteil Altroßgarten wohnte und an dessen Haus der Trampelpfad vorbeiführte, den die Armenhäusler benutzten. Den Reichen ärgerte der Anblick der Armen – und er entschloss sich, das angrenzende Weideland zu kaufen und aus dem ganzen Gelände einen schönen Park zu machen. In Richtung Armenhaus verriegelte er seinen Park durch ein großes Tor.

Die Armenhäusler erzählten Pfarrer Weissel von ihrer misslichen Lagen, dass sie jetzt wieder nicht zum Gottesdienst gehen konnten. Um Hilfe gebeten, hatte der Pfarrer eine Idee. Als die nächste Adventszeit kam, sollte es auch wieder  das alljährliche Kurrendesingen in den Häusern geben. Nur, dass sie diesmal nicht im Hause des Fisch- und Getreidehändlers Sturgis singen wollten. Die Gemeindegruppe und der Chor stellten sich vor das große, verschlossene Gartentor. Pfarrer Weissel begann eine kleine Ansprache und Sturgis sah das Geschehen aus seinem Fenster. „Das kann doch nicht sein, dass die Gemeinde nicht zu mir hinein ins warme Haus kommen will?“, so fragte er sich. Und Sturgis lief in seinen Garten und hin zum großen Gartentor – und hörte dort, wie der Chor zu singen begann: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit…“. Bei der zweiten Strophe dann zückte Sturgis den Schlüssel und öffnete das große Tor. Alle durften in seinen Garten. Und fortan blieben Tor und Tür offen, für alle, auch für die Armen und Siechen.

Welche Türen öffnen uns die Adventslieder, die von Gottes Kommen in unsere Welt erzählen?

Ich trau den alten Worten zu, dass sie auch mich in Bewegung setzen können!

 

Eine gute und gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen,

Ihre Pastorin Birgit Hasenberg