EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

954 Pfeifen „geputzt“

Die Orgel in der Martin-Luther-Kirche in Ennepetal-Altenvoerde ist nach zweiwöchiger Generalüberholung wieder einsatzbereit.

Orgelbauer Stephan Trostheide (unten) mit seinem Mitarbeiter Burkhard Ortkars beim Wiedereinbau der Orgelpfeifen.

954 Pfeifen mussten aus dem Prospekt ausgebaut, gereinigt und wieder eingebaut werden.

Die Orgel steht in der Martin-Luther-Kirche links neben dem Altarraum.

  

 

Als am Erntedankfest in der Martin-Luther-Kirche in Altenvoerde das Lied von Matthias Claudius, "Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land" erklang, konnten die Orgelpfeifen wieder ihren frischen und vollen Klang entfalten. Nach zweiwöchiger Generalüberholung war die Orgel wieder einsatzfähig. Eine Orgelbaufirma aus Oelde bei Gütersloh hatte die Königin der Instrumente demontiert, sie in ihre Einzelteile zerlegt und wieder zusammengebaut.

   

„Wirtschaftswunderorgel“

Schon vor dem zweiten Weltkrieg hatte die evangelische Gemeinde in Altenvoerde zweimal Spenden für eine Orgel bereitgestellt. Doch waren immer andere Maßnahmen dringlicher, so dass mit Zustimmung der Spender das Geld dann entsprechend in andere Projekte eingesetzt wurde. So musste Theologiestudent Karl Mühlhoff, der spätere Superintendent von Meinerzhagen, den Gemeindegesang weiterhin auf dem elektrisch betriebenen Harmonium begleiten.

   

Doch als das Wirtschaftswunder in den 5Oer Jahren auch die Kirchengemeinden erreicht hatte, entstanden neue Pläne für eine Orgel für die damals noch benannte "Altenvoerder Kapelle". Das Presbyterium beschloss 1962, die Firma Alfred Führer aus Wilhelmshaven mit dem Orgelbau zu beauftragen. Da nun jede Orgel ein Unikat ist und nicht serienmäßig herzustellen ist, entschlossen sich die Presbyter, die Orgel mit zwei Werken vor die Empore zu setzen. Der dreiteilige Orgelprospekt hatte dann auch bald seine eigenständige Bezeichnung, so dass man ihn "Schwalbennest" nannte.

   

Fünfzehn Jahre "unter dem Dach" zu fristen war genug. So wurde eine neue Idee geboren, die Orgel 1978 in den Chorraum umzusetzen, links neben dem Altarraum. Der Anlass war das 5ojährige Jubiläum der Kapelle. Dadurch hatte die Organistin Sichtkontakt zu Chordirigenten und anderen Musikern, um gemeinsam musizieren zu können. Die Firma Alfred Führer erweiterte das Instrument um ein Schwellwerk. Und nun, nach 37 Jahren nach der Umsetzung, war eine Generalüberholung erforderlich geworden, die beim jährlichen Stimmen der Pfeifen immer wieder angemahnt wurde.

   

Beauftragt wurde die Orgelbaufirma Stephan Trostheide aus Oelde bei Gütersloh, die die Altenvoerder Orgel auch regelmäßig gewartet hat. Die Orgelbauer haben eine Woche dazu benötigt, die 954 Pfeifen aus dem Prospekt auszubauen. Jede einzelne Pfeife wurde mechanisch ausgeblasen, praktisch von der jahrzehntelangen Staubablagerung befreit. Dazu gehörten innere und äußere Reinigung, sowie Sichtkontrollen, ob Beschädigungen beseitigt werden mussten. In der Kirche sah es zwei Wochen lang wie in einer Kfz-Reparaturwerkstatt aus.

   

Orgelbauer Stephan Trostheide, selbst Organist, hatte dann die schwierigste Aufgabe, die Orgelpfeifen wieder auf den richtigen Ton zu stimmen, oder wie er in der Fachsprache sagte, "technisch nachzuintonieren". In 14 Register waren die Pfeifen wieder einzusetzen, davon 12 Register aus einer Metall-Legierung und zwei Register, bestehend aus Holzpfeifen. Und seine Mitarbeiter haben sich dann auch viel Mühe gegeben, die sichtbaren Frontpfeifen, bestehend aus 75 Prozent Zinn und 25 Prozent Blei, den erforderlichen Glanz zu verleihen.

   

Lisa Döpp spielt seit 48 Jahren die Orgel

In der 52jährigen Orgelgeschichte gab es im Altenvoerder Gotteshaus nur drei Organistinnen. Mechthild Oetzel und Helga Schober teilten sich die ersten vier Jahre von 1963 - 1967. Weihnachten 1967 übernahm Lisa Döpp als Organistin die vakante Stelle durch Initiative des schon verstorbenen Presbyters Friedrich Heintze. Seitdem prägt nun Lisa Döpp, inzwischen 48 Jahre lang, die Kirchenmusik im evangelischen Gemeindebezirk Altenvoerde. Sie freute sich am Erntedankfest besonders, als sie ihr Lieblingsinstrument mit Händen und Füssen zum Klingen brachte und ihr dabei das restaurierte Herzstück der Orgel, die sogenannte Windlade, behilflich war.

   

Lisa Döpp ist aber nicht nur Organistin, sondern im weiten Raum der Kirchenmusik aktiv tätig. Sie dirigiert auch den gemischten Chor "Cantate", den CVJM Posaunenchor und begleitet den CVJM Männerchor auf dem E-Piano. Nicht zu vergessen, die zahlreichen kirchenmusikalischen Veranstaltungen, wobei der jährlich stattfindende musikalische Gottesdienst zum Epiphaniasfest (6. Januar) mit bedeutenden Künstlern besonders zu erwähnen ist.

   

So kann nun die Orgel in der Martin-Luther-Kirche vom sanften Pianissimo bis hin zum lautstarkem Fortissimo erklingen, denn sie hat nun wieder an Höhe und Tiefe mehr Umfang, als alle anderen Instrumente. Dem wohl bekanntesten Kirchenmusiker, Johann Sebastian Bach, wird der Satz zugeordnet: "Wer einmal das größte, lauteste und vielleicht auch schwierigste Instrument spielen möchte, der muss sich für die Orgel entscheiden." (Gerhard Klee)