Zehn junge Menschen verabschieden sich von ihren Familienmitgliedern. Vereinzelt fließen Tränen. Es sind Tränen des Abschieds, denn einige Eltern schicken ihre Kinder auf eine vierwöchige Reise ins Ungewisse.
Zehn Jugendliche steigen in den Zug, die vielleicht als Erwachsene zurück kehren werden.
Zehn Individuen mit den unterschiedlichsten Träumen, Vorstellungen und Ansprüchen an diese Reise. Das große Gepäck beinhaltet die verschiedensten Dinge: von Mückenschutzspray über Reisemedizin bis hin zu biologisch abbaubarem Waschmittel, doch auch Neugier, Angst, bis hin zu Sprachbarriere ist alles dabei... bei dem einem mehr, dem andren weniger.
Um 10.30 Uhr machten wir uns in Schwelm auf den Weg und erreichten nach zahlreichen Umstiegen einen Tag später mit 7 Stunden Zeitverschiebung unser erstes Ziel Bali. Dort bieten sich drei Tage Zeit, um sich zu akklimatisieren, den Jetlag über Bord zu werfen und erste Impressionen des vielfältigen Landes Indonesiens aufzusaugen.
Bereits hier bekamen wir einen ersten Eindruck von der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft dieses Landes, welche uns durch den gesamten Aufenthalt begleiten sollte. Wir besuchten eine balinesische Familie, bei der unser Gruppenleiter im vorherigen Jahr Unterschlupf und Hilfe erhielt, nachdem er seine Reisekasse samt Reisepass verloren hatte. Auch uns bewirteten sie reichlich, trotz der Spontanität.
Von Bali verabschiedeten wir uns nach drei Tagen mit noch mehr Neugier und Vorfreude auf West Papua, als zuvor. Und in Jayapura wurden alle Erwartungen übertroffen, angefangen beim Klima- es war noch tropischer als auf Bali, bis hin zum Entgegenkommen der Menschen. Der Empfang war herzerfrischend.
Die 10 Jugendlichen aus Papua sowie die kirchlichen Organisatoren begrüßten uns mit einem strahlenden Lächeln, das ehrlicher nicht sein konnte. Sie sangen aus voller Kehle ein indonesisches Lied für uns und hielten Blumenketten in den Händen. Natürlich aus wunderschönen, echten Blumenköpfen, die sie die ganze Nacht zuvor sorgfältig auffädelten, als sie unsere Ankunft kaum noch erwarten konnten
Viele von ihnen konnten gut englisch sprechen, somit fiel uns die verbale Kommunikation nicht schwer und mit den Teilnehmern, die die englische Sprache nicht vollständig beherrschten, benötigte man nur ein Lächeln. Das ist das Kommunikationsmittel, das jeder Mensch auf der ganzen Welt versteht.
Wir hatten so viel Spaß miteinander, gleich vom ersten Tag an - manchmal mit und manchmal ohne Worte. Mit gleichermaßen viel Neugier erkundeten wir gemeinsam dieses wunderschöne Land.
Unser erster Trip führte uns in den entlegensten Ort - Angguruk - im Hochland Papuas.
Dort wurden wir extrem eindrucksvoll, ursprünglich traditionell und herzlich empfangen. Auch hier wurden wir großzügig bewirtet und reichlich beschenkt: selbstgemachte Ketten, Speere, Nocken (Papuas tragen sie über den Kopf. Sie dienen zum Transport von Ernte und auch als Kleidungsstück) und natürlich ein lebendes Huhn. Am nächsten Tag töteten und aßen wir es gemeinsam. Bei einer ausgiebigen Wanderung lernten wir die Menschen und die prachtvolle Natur besser kennen und begriffen, dass das Leben dort sehr anstrengend und hart sein kann. Wir weinten und lachten gemeinsam mit den Ureinwohnern, nahmen an den lebendigen Gottesdiensten teil und veranstalteten mit den Kindern Müllsammel Aktionen.
Der Abschied nach sieben Tagen fiel uns sehr schwer, vor allem von den Kindern. Intensive Erfahrungen rufen noch intensivere Gefühle hervor.
Es ging weiter nach Wamena. Das war das komplette Kontrastprogramm.
Aus der Stille, dem unendlichen Grün und der Entbehrung westlichen Komforts, in eine Stadt, in der ein großer Teil der Modernität Einzug erhalten hat. Auch hier nahmen wir an Gottesdiensten teil, führten unser HIV Aufklärungs- Theaterstück auf und sprachen danach mit den Gemeindemitgliedern über den tödlichen Virus und die allgegenwärtige Umweltverschmutzung.
Von Wamena im Hochtal ging es auf eine Reise durch das Mamberamo-Gebiet. Von Kasonaweja, nach Trimuris, nach Kapose und nach Warembori. Auch in diesem Fluss- und Sumpfgebiet wurden wir traditionell mit Gesang und Tanz begrüßt und fanden Freunde.
Zuletzt stoppten wir nochmal für drei Tage in Jayapura und verbrachten dort eine sehr intensive Zeit mit den zehn Papua Freunden, mit denen wir inzwischen unzertrennlich zusammen gewachsen waren.
Wir probierten gemeinsam Hunde- und Krokodilfleisch, machten eine Bootstour über den Sentani See und feierten eine Abschiedsparty.
Die Tränen der meisten Gruppenteilnehmer beim Abschied sprachen Bände. Gesichter gezeichnet von Abschiedsschmerz, aber auch vom Glück.
Die letzten vier Tage verbrachten wir Deutschen ohne unsere Papua Freunde in Sorrong und reflektierten dort unsere Erfahrungen.
Die Zeit war von großer Sehnsucht gezeichnet. Doch was das Vermissen leichter werden ließ, war ein Tag und eine Nacht in Raja Ampat, das liegt mitten im Korallendreieck. Dort konnten wir schnorcheln und eine Unterwasserwelt entdecken, die so unbeschreiblich schön ist, das einem die Luft weg bleibt, trotz Schnorchel. Fische, Schildkröten, Muscheln und Korallen soweit das Auge reicht.
Mit all diesen Eindrücken, die man erst einmal sortieren und verarbeiten muss, traten wir den Heimweg an. Es kam oft einer Reizüberflutung nah.
Auch der Aufenthalt in Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens gehört dazu. Mit 29 Millionen Einwohnern ist sie das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes.
Nun landeten die jungen Erwachsenen in Frankfurt mit vielen neuen Einflüssen für ihr Leben.
In vier Wochen 15mal geflogen, Freunde am anderen Ende der Welt gefunden und ein Abenteuer im Kopf, welches für alle Zeit unvergesslich bleibt.
Dank dem Internet kann der Kontakt zu den Papuas gehalten werden und ein Rückbesuch nach Deutschland wird von allen sehnlichst herbei gewünscht....
Eva Specht, Schwelm