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Bundesverdienstkreuze für Engagement in und für West Papua

Am Mittwoch, den 28. April wurde den Ehepaaren Ilse und Dr. Siegfried Zöllner sowie Erika und Klaus Reuter durch den Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises, Dr. Arnim Brux, das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Sie erhielten die Auszeichnung für ihr jahrzehntelanges Engagement in und für West Papua.

 

Im Jahr 1960 reiste Dr. Siegfried Zöllner als erster Fremder ins Stammesgebiet der sog. Yali im Hochland von Irian Jaya, heute West Papua. Die Yalis lebten ohne Kontakt zur Außenwelt auf der Stufe der Steinzeit in einfachsten Pfahlbauten. Stein- und Sagoaxt, Pfeil und Bogen dienten der Beschaffung von Lebensmitteln und zum Schutz vor anderen Stämmen. Das Leben der Yali war eingebettet in ihre Stammes- und Naturreligionen mit ihren zahlreichen Mythen, den Geschichten guter und böser Geister, wirksam in zahlreichen rituellen Handlungen, die das Leben der Yali bestimmten. Dabei war der Kannibalismus durchaus Praxis.

 

Ilse Zöllner, Dr. Siegfried Zöllner, Erika Reuter und Klaus Reuter (v.l.n.r) bekamen durch Landrat Dr. Arnim Brux (rechts) das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Dr. Siegfried Zöllner bedankte sich stellvertretend für die Geehrten für die Auszeichnung.

    
Dr. Siegfried Zöllner hat sich dieser Situation gestellt und die Sprache sowie die Glaubens- und Lebenswelt der Yalis gelernt. Zusammen mit seiner Frau Ilse, die ihm 1962 nach West Papua folgte, hat er beobachtet, gefragt, zugehört, Vertrauen geschaffen und im Dialog mit den Lebensanschauungen der Yali den Boden für die Botschaft des Evangeliums bereitet. Dabei ging es ihnen nicht darum, kulturelle Eigenarten der Yali zu zerstören, sondern die Yalis zu befähigen, Ausdrucksformen des neuen Glaubens mit Mitteln eigener kultureller Gestaltung zu finden und selbst die Verantwortung für das geistliche Leben zu tragen. Dr. Zöllner erzählt: "Die Menschen Neuguineas haben unter der Verkündigung des Evangeliums gespürt, dass die biblische Botschaft besser als ihre traditionelle Religion in der Lage ist, auf ihre Bedürfnisse einzugehen, ihre Fragen zu beantworten, ihrem Leben eine Vision für die Zukunft zu geben." 

    

Ganzheitliche Mission
Aufgrund seiner gründlichen Sprach- und Religionskenntnisse hat Dr. Zöllner das Neue Testament in die Yali-Sprache übersetzt. Die Tätigkeit des Ehepaars Zöllner war immer auch sozial-diakonisch ausgerichtet. Mit einem holländischen Arzt zusammen haben sie das Gesundheitswesen gefördert, ein Krankenhaus gebaut, Bildungseinrichtungen geschaffen, Mitarbeitergewinnung und -schulung betrieben und im Zusammenwirken mit den Yalis das alltägliche Leben zum Wohl der Menschen gestaltet.
Bis 1973 wirkte das Ehepaar im Yalimo-Gebiet und kehrte dann nach Deutschland zurück, wo Dr. Zöllner zum Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Schwelm gewählt wurde.
1971 reiste das Ehepaar Erika und Klaus Reuter nach Irian Jaya aus und setzte die segensreiche Arbeit Zöllners fort. Durch die praktische Begabung von Klaus Reuter - er war vor seiner theologischen Ausbildung zum Elektriker und Fernmeldetechniker ausgebildet worden - erweiterten sich die Tätigkeitsfelder. Neue Flugplätze wurden angelegt, Häuser gebaut, ein Kirchenkreiszentrum erstellt. Im Jahr 1980 wurde Klaus Reuter ebenfalls zum Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Schwelm gewählt.
Durch die Ehepaare Zöllner und Reuter hat sich Kirche zum Wohl der Menschen auf praktisch allen Entwicklungsgebieten in West Papua eingemischt und ist Evangelium mit Herz, Mund und Händen geworden. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten die Ehefrauen Ilse Zöllner und Erika Reuter. Ohne sie wäre Mission in dem ganzheitlichen Sinn nicht möglich gewesen. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Zöllner drei und Reuters vier Kinder unter diesen ungewöhnlichen Umständen großgezogen haben. 

    

Unterstützung im Kampf um Menschenrechte
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland haben sich Zöllners und Reuters weiter in und für Papua engagiert. U.a. unterstützen sie die unerfüllte Sehnsucht der Papuas nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstgestaltung ihres Landes (West Papua steht  seit 1963 gegen den Willen der Papua unter der Amtsgewalt der indonesischen Regierung) und kämpfen gegen die stetig wachsende Zahl der Menschenrechtsverletzungen seitens der indonesischen Regierung So baute Dr. Zöllner nach seiner Pensionierung das Netzwerk West Papua auf, ein Zusammenschluss von etwa zwanzig kirchlichen und  nichtkirchlichen Solidaritäts-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen und Einzelpersonen. Beide Ehepaare waren regelmäßig zu missionarischen Kurzeinsätzen in West Papua unterwegs, Reuters nach dem Eintritt von Klaus Reuter in den Vorruhestand sogar für weitere 5 Jahre. 

    

Partnerschaft bereichert Schwelmer Gemeinden
Die missionarischen Tätigkeiten der Ehepaare Zöllner und Reuter haben die Gemeinden im Kirchenkreis Schwelm nachhaltig beeinflusst und schließlich zu der Partnerschaft zwischen den Kirchenkreisen Mamberamo-Apawer und Balim-Yalimo in West Papua und dem Kirchenkreis Schwelm geführt.
Seit Beginn der Partnerschaft im Jahr 1989 ist es zu gegenseitigen Partnerschaftsbesuchen gekommen. Zuletzt reiste im vergangenen Jahr eine Gruppe von sieben jungen Erwachsenen nach West Papua. Ein Gegenbesuch von jungen Erwachsenen aus West Papua ist für das kommende Jahr geplant.
Zum Jahreswechsel 2005/2006 nahm die im Kirchenkreis Schwelm gegründete "Stiftung für Ausbildung in Papua" ihre Arbeit auf. Ihr Ziel ist die finanzielle Unterstützung des Studiums und des Schulbesuchs von Gemeindemitgliedern der Partnerkirchenkreise in Indonesien.
In West-Papua ist aufgrund einer großen materiellen und finanziellen Not die Teilhabe der jungen Generation an schulischer und beruflicher Ausbildung fast unmöglich.
Derzeit werden etwa 50 Schüler und Studenten gefördert. Sie besuchen entweder die örtlichen weiterführenden Schulen oder berufliche Ausbildungsstätten und Universitäten in der Provinzhauptstadt, wo sie unterschiedlichste Studiengänge absolvieren (z.B. öffentliches Gesundheitswesen, Theologie, Jura, Wirtschaftswissenschaften u.v.m.).

Superintendent i.R. Fritz Potthoff schreibt zur Verleihung der Bundesverdienstkreuze: "Zusammenfassend kann man sagen, dass unsere Partnerschaft, initiiert und lebendig gehalten durch die Ehepaare Zöllner und Reuter, ein ungeheurer Gewinn für unsere Gemeinden ist, dass wir durch die ökumenische Weite bereichert sind und dass uns der Blick über den eigenen Kirchturm hinweg in der gegenwärtigen schwierigen Situation unserer Kirche gut tut. Er relativiert unsere Probleme und beschenkt uns mit Hoffnung und Vertrauen auf die Wege, "die der Herr uns weist.""

     
Dr. Siegfried Zöllner bedankte sich im vollbesetzten Sitzungssaal des Schwelmer Kreishauses für die Ehrung mit den Worten: "Ohne unsere Freunde, von denen viele heute hier sind, hätten wir diese Arbeit nicht tun können. Stellvertretend für euch nehmen wir diese Ehrung entgegen." Und Erika Reuter fügte hinzu: "Wir sind froh, dass wir in einem Land leben, in dem man Verdienstkreuze nicht kaufen kann und in dem Recht gesprochen wird. Leider ist das unseren Freunden in West Papua nicht vergönnt. Vielleicht bekommen die Papua ja durch unsere Kreuze mehr Aufmerksamkeit." (HB)